Zur Notwendigkeit eines gerichtlichen Hinweises
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(ip/RVR) Mit Beschluss vom 26.10.2011 gab das BVerfG der Verfassungsbeschwerde eines Grundschuldgläubigers statt und äußerte sich in der Entscheidung zur Notwendigkeit eines gerichtlichen Hinweises auf das Erfordernis der Anmeldung nach § 9 Nr. 2 ZVG für den Fall, dass nicht bereits im Zuschlagsversagungsantrag eine konkludente Anmeldung gesehen wird.
Eine Grundschuldgläubigerin beantragte nach dem Versteigerungstermin, dem Meistbietenden den Zuschlag zu versagen, da dessen Gebot nur 7/10 des Verkehrswertes erreichte. Das Vollstreckungsgericht erteilte gleichwohl den Zuschlag und wies den Versagungsantrag mit der Begründung zurück, der Gläubigerin stehe nach §§ 9 Nr. 2, 37 Nr. 4, 45, 74a und 110 ZVG kein Antragsrecht zu. Auf die sofortige Beschwerde hiergegen führte das LG aus, der Gläubigerin habe es bis zum letztmöglichen Zeitpunkt gem. § 74a Abs. 2 ZVG zur Stellung des Versagungsantrags an der Beteiligtenstellung nach § 9 ZVG gefehlt, weil sie ihr Recht nicht mittels ausdrücklicher Willenserklärung angemeldet hätte. Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge blieb erfolglos.
Sodann erhob die Gläubigerin Verfassungsbeschwerde und macht eine Verletzung ihrer Grundrechte auf Eigentum und rechtliches Gehör geltend. Zumindest hätte das Vollstreckungsgericht nach § 139 ZPO auf die seiner Meinung nach fehlende Anmeldung hinweisen müssen.
Das Verfassungsgericht gab der Beschwerde statt. Das AG habe die Beschwerdeführerin in ihrem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundrecht auf willkürfreie Rechtsanwendung verletzt, indem es den Hinweis nach § 139 ZPO unterlassen hat. Das Verfassungsgericht nimmt eine Verletzung des Willkürverbots im Zwangsversteigerungsverfahren an, wenn „ein einfachrechtlich gebotener und für den Betroffenen besonders wichtiger Hinweis unterblieben ist und das Unterbleiben des Hinweises bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken sachlich nicht mehr verständlich ist“ (Rn. 22 der Entscheidung).
Obiter dictum ließ das Gericht erkennen, dass es im Gegensatz zu AG und LG davon ausgeht, dass schon der Wortlaut des § 74a Abs. 1 Satz 1 ZVG einem „Berechtigten“ und nicht einem „Beteiligten“ gem. § 9 ZVG die Zuschlagsversagung ermöglichen soll. Die beiden Begriffe seien zu unterscheiden; die Antragsberechtigung setze nicht die Anmeldung eines Rechts nach § 9 Nr. 2 ZVG voraus.
Weiter läge es nahe, von einer konkludenten Forderungsanmeldung auszugehen, so der Berechtigte im Termin anwesend oder vertreten sei und sodann einen Zuschlagsversagungsantrag stelle. Einer verfassungsrechtlichen Würdigung der Ansicht der Fachgerichte, wonach eine ausdrückliche Anmeldung erforderlich sei, enthielt sich das BVerfG.
Jedenfalls müsse in einer solchen Konstellation das Gericht denjenigen Rechtsinhaber rechtzeitig nach § 139 ZPO darauf hinweisen, dass dieser einen Rechtsverlust erleide, weil er es an einer für erforderlich gehaltenen ausdrücklichen Anmeldung seines Rechts habe fehlen lassen.
BVerfG vom 26.10.2011, Az. 2 BvR 1856/10
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