Schadensersatz- und Freigabepflicht von Sicherheiten
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(ip/RVR) Bei einer Sicherungsgrundschuld soll der Sicherungsnehmer als Treuhänder verpflichtet sein, die Interessen des Treugebers zu wahren. Deshalb könne unter besonderen Umständen eine Bank zur Freigabe ihrer Sicherheiten verpflichtet sein. Sie mache sich hingegen schadensersatzpflichtig, wenn sie rücksichtslos vorgehe, indem sie den freihändigen Verkauf des schuldnerischen Grundstücks durch Forderung einer sogenannten „Lästigkeitsprämie“ zunichte macht. So entschied das Schleswig-Holsteinische OLG in seinem Beschluss vom 23. Februar.
Die Antragstellerin wehrte sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe mittels der sofortigen Beschwerde. Es sollte ein Prozess gegen zwei Kreditinstitute angestrengt werden mit dem Ziel, Schadensersatz wegen Verletzung nebenvertraglicher Treuepflichten aus Darlehens- bzw. Sicherungsverträgen durchzusetzen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Das Grundstück der Antragstellerin war mit Grundschulden zugunsten der beiden Antragsgegnerinnen belastet. Eine Antragsgegnerin war erstrangig gesichert (Forderung: 55 tEUR); die andere hingegen nachrangig (Forderung: 25 tEUR). Über das Vermögen der Antragstellerin wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Schon im Vorfeld sollte das Grundstück mittels eines Maklers veräußert werden, wobei sich im Laufe des Insolvenzverfahrens ein Interessent mit einem Angebot über 60 tEUR meldete. Die erstrangige Gläubigerin hätte diesem Verkauf zugestimmt. Die nachrangige Gläubigerin hingegen war nur bereit, ihre Sicherheiten gegen Zahlung einer sog. Lästigkeitsprämie (5 tEUR) durch die erstrangige Gläubigerin freizugeben. Da diese ein solches Ansinnen ablehnte, scheiterte der Verkauf. In der Zwangsversteigerung ließ sich nur ein Erlös von 12 tEUR erzielen. Die Differenz zum angestrebten Verkaufspreis wollte die Antragstellerin bei den Banken als Gesamtschuldnerinnen geltend machen.
Soweit die Antragstellerin die nachrangige Gläubigerin in Anspruch nehmen wolle, hätte dies nach dem OLG hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ihr stehe ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 488 ff. BGB zu. Im Hinblick auf die erstrangige Gläubigerin bestehe hingegen keine Erfolgsaussicht, weshalb diesbezüglich keine PKH verlangt werden könne.
Die nachrangige Gläubigerin hätte eine auflagenfreie Löschungsbewilligung ihrer Sicherheiten erteilen müssen, um den freihändigen Verkauf zu ermöglichen. Aus Darlehens- und Sicherungsvertrag ergäben sich nebenvertragliche Schutz- und Treuepflichten. Daraus sei auch im Bereich der Vollstreckung und Verwertung ein Verbot rücksichtslosen Vorgehens zu schließen. Ein solches liege gerade in der Forderung einer „Lästigkeitsprämie“, wenn dadurch die Interessen des Vertragspartners verletzt würden, nämlich durch das Zunichtemachen des angestrebten freihändigen Verkaufs. Dies könne eine Schadensersatzpflicht auslösen.
Aufgrund ihrer Sachkunde hätte die nachrangige Gläubigerin davon ausgehen müssen, dass im Falle des Scheiterns des Verkaufs der erwartete Erlös in Höhe von 60 tEUR durch die Zwangsversteigerung keinesfalls hätte erzielt werden können.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts entfalle die Pflichtverletzung nicht deshalb, weil auch der Insolvenzverwalter die Erteilung einer auflagenfreien Löschungsbewilligung auf dem Klageweg hätte erreichen können. Zum einen sei nicht sicher, ob der Kaufinteressent bis zur rechtskräftigen Entscheidung an seinem Angebot festgehalten hätte, zum anderen könne die nachrangige Gläubigerin den Insolvenzverwalter nicht wegen einer eigenen Pflichtverletzung auf den Klageweg verweisen.
Die erstrangige Gläubigerin habe sich hingegen durch die Weigerung, die Lästigkeitsprämie (unter Vorbehalt) zu zahlen, keiner (Neben-)Pflichtverletzung schuldig gemacht. Selbst bei einem Erlös von 60 tEUR wäre ihre Forderung nicht vollständig befriedigt worden, womit ihr Ausfall um weitere 5 tEUR gestiegen wäre. Auch sei die verlangte Prämie nicht kondizierbar: Da die erstrangige Gläubigerin gewusst hätte, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, wäre der Kondiktionsanspruch an § 814 BGB gescheitert.
Schleswig-Holsteinisches OLG vom 23.02.2011, Az. 5 W 8/11
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