(ip/RVR) Das Reichsgericht und ebenso der Bundesgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung hielten den aus einer Insolvenzanfechtung folgenden Rückgewähranspruch wegen § 399 Halbsatz 1 BGB für nicht abtretbar. Diese Rechtsauffassung hat der Insolvenzrechtssenat des BGH in seinem Urteil vom 17. Februar revidiert.

Der Kläger machte als Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. oHG Ansprüche gegen den Geschäftsführer der ebenfalls insolventen Mehrheitsgesellschafterin geltend. Diese Ansprüche ergaben sich aus einer Abtretung von Insolvenzanfechtungs- und Bereicherungsansprüchen des Insolvenzverwalters im Verfahren der Gesellschafterin an den Kläger. Das LG bejahte die Aktivlegitimation des Klägers und verurteilte den Beklagten antragsgemäß. Das OLG wies die Klage auf Berufung des Beklagten mit Hinweis auf die Rechtsprechung des RG und des BGH ab, wonach das Anfechtungsrecht untrennbar mit dem Verwalteramt verbunden sei und eine Abtretung daher an § 399 Halbsatz 1 BGB scheitere.

In der Revision hob der BGH die Berufungsentscheidung auf. Der Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO sei abtretbar und widerspräche nicht dem Zweck des Anfechtungsrechts. Jener könne nämlich auch erreicht werden, wenn der anfechtbar weggegebene Vermögensgegenstand nicht wieder in die Masse gelange, stattdessen aber der Rückgewähranspruch verwertet würde. Dies könne die Verwertung der Masse sogar erleichtern oder beschleunigen, etwa weil der Anfechtungsprozess schwierig und langwierig zu werden verspricht.

Die Masse sei nach den allgemeinen Regeln ausreichend geschützt: Eine Abtretung ohne Gegenleistung sei wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig; bei unangemessener Gegenleistung helfe die Verwalterhaftung nach § 60 InsO.

Auch der Anfechtungsgegner werde nicht benachteiligt: Ihm verblieben gegen den neuen Gläubiger die Einwendungen gemäß § 404 BGB ebenso wie seine Ansprüche aus § 144 InsO.

Das Berufungsgericht meinte, die Abtretung stelle eine Verfügung über aufschiebend bedingte Rechte Dritter dar, nämlich die der Gläubiger, nach der Verfahrensbeendigung die Anfechtungsansprüche nach § 18 AnfG geltend zu machen. Der BGH meinte hingegen, die Rechte der Gläubigergesamtheit verdrängten im Insolvenzverfahren die Ansprüche einzelner Gläubiger nach dem AnfG. Auf diese nach Verfahrensaufhebung wieder auflebenden Rechte könne und dürfe er bei der Geltendmachung keine Rücksicht nehmen. „Der Insolvenzverwalter hat in diesem Fall über ein eigenes Recht der Masse verfügt, nicht über ein fremdes Recht des zur Einzelanfechtung berechtigten Gläubigers. Für die Abtretung der Ansprüche gilt nichts anderes als für ihre Einziehung. Wie gezeigt, kann auch durch sie der Wert des anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstandes zur Masse gezogen und für die Befriedigung der Gläubigergesamtheit verwandt werden“ (Rz. 14 der Entscheidung).

Dass Anfechtungsrechte grundsätzlich mit Verfahrensaufhebung erlöschen, spreche auch nicht entscheidend gegen die Abtretbarkeit. Anhängige Anfechtungsprozesse könne der Verwalter auch nach Verfahrensaufhebung etwa nach § 259 Abs. 3 InsO fortführen. In entsprechender Anwendung dieser Vorschrift könne auch der Zessionar im Insolvenzplan dazu ermächtigt werden.

BGH vom 17.02.2011, Az. IX ZR 91/10


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