Erwerb schuldnerfremden Eigentums
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(IP/RVR) 1. Grundsätzlich erwirbt der Ersteher mit Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses das Grundstück gemäß § 90 Abs. 1 ZVG, wie es im Grundbuch und dem Liegenschaftskataster gemäß § 2 Abs. 2 GBO verzeichnet ist. Da der Zuschlag das Versteigerungsobjekt anhand dieser Angaben benennt, kommt eine Auslegung des Zuschlagbeschlusses nach Kriterien, die für unvermessene Grundstücke gelten, nicht in Betracht.
2. Der Zuschlag ist ein originärer öffentlich-rechtlicher Eigentumsübertragungsakt mit der Bedeutung eines Richterspruchs. Der Eigentumswechsel tritt deshalb auch ein, wenn das Grundbuch unrichtig war und Eigentum einer anderen Person als des Schuldners zugeschlagen wurde. Eine von der rechtmäßigen Grenze abweichende Katastergrenze (Buchgrenze) wird durch den Zuschlag zur rechtmäßigen Grenze; auf guten oder bösen Glauben des Erwerbers kommt es hierbei nicht an. Der nicht eingetragene Eigentümer muss sich der Zwangsversteigerung seines Eigentums daher beizeiten mit den in § 37 Nr. 5 ZVG bezeichneten Maßnahmen erwehren.
3. Der Zuschlag schuldnerfremden Eigentums ist letztlich Folge des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs und damit Funktion praktischer Konkordanz zwischen Bestands- und Verkehrsschutz. Den öffentlichen Glauben des Grundbuchs muss auch das Vollstreckungsgericht seinen Maßnahmen zugrunde legen.
4. Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs nach § 891 BGB erstreckt sich auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf, der in aller Regel über die in Spalte 3 b des Bestandsverzeichnisses des Grundbuches eingetragene Parzellennummer in Verbindung mit der Katasterkarte erschlossen werden kann. Stimmt eine Flurkarte in den Grenzangaben mit den maßgeblichen Unterlagen nicht überein, so erstreckt sich der öffentliche Glaube auf die nach außen in Erscheinung tretende Flurkarte. Nur wenn die Angaben in der Flurkarte in sich widerspruchsvoll oder ersichtlich mehrdeutig sind, ist die Karte allein nicht als Grundlage für den öffentlichen Glauben geeignet.
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28.06.2012, Az. 5 U 151/09