Bestand in der Zwangsversteigerung
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(ip/RVR) Anlässlich der Zwangsversteigerung einiger Grundstücke, zu Lasten derer im Grundbuch ein Vorkaufsrecht `für den ersten Verkaufsfall´ eingetragen ist, entschied das OLG Zweibrücken, dass ein solches Vorkaufsrecht in einer Zwangsversteigerung keinen Bestand haben kann. Die zu dem Vorkaufsrecht im Grundbuch in Bezug genommene Eintragungsbewilligung lautete: „Die Käuferin bestellt der Verkäuferin am Vertragsgegenstand ein Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall, welches so lange besteht, bis es erstmals ausgeübt werden kann und insoweit auch gegen Rechtsnachfolger im Eigentum wirkt, aber erlischt, wenn es ausgeübt werden könnte und nicht ausgeübt wird.“
Das OLG beschied, dass das Vorkaufsrecht mit der Zwangsversteigerung erloschen ist, und führte hierzu aus: Nach § 1098 Abs. 1 BGB gilt für das dingliche Vorkaufsrecht § 471 BGB. Nach dieser Vorschrift ist das Vorkaufsrecht ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Demnach stellt die Zwangsversteigerung einen `Verkaufsfall´ im Sinne des Vorkaufsrechts dar; dieser Verkaufsfall kann aber das Vorkaufsrecht nicht auslösen. Ist das Vorkaufsrecht nur für einen einzigen Verkaufsfall bestellt – dies ist der vom Gesetz in § 1097 BGB angenommene Regelfall – so erlischt es durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Denn mit der Zwangsversteigerung ist der eine Verkaufsfall, für den das Vorkaufsrecht bestellt ist, verbraucht. § 471 BGB ist zwingendes Recht. Die Parteien können deshalb nicht vereinbaren, dass abweichend von § 471 BGB die Zwangsversteigerung das Vorkaufsrecht nicht ausschließt.
Die Parteien können allerdings das Vorkaufsrecht für mehrere Verkaufsfälle bestellen, wie § 1097 Hs. 2 BGB zeigt. Ist das Vorkaufsrecht für mehrere Verkaufsfälle bestellt, so erlischt es durch Zwangsversteigerung nur, wenn es den schlechteren Rang als dasjenige Recht hat, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt. Hat es den besseren Rang, so fällt es in das geringste Gebot (§ 44 ZVG) und bleibt bestehen. Die Zwangsversteigerung ist dann nur ein - aus Rechtsgründen - für die Ausübung des Vorkaufsrechts verstrichener Verkaufsfall. Für nachfolgende Verkaufsfälle bleibt es, seinem vereinbarten Inhalt entsprechend, bestehen.
Im Unterschied dazu begründeten die Parteien hier ein Vorkaufsrecht, das nur für einen ersten Verkaufsfall gelten soll, allerdings bis zu einem solchen ersten Verkaufsfall, bei dem das Vorkaufsrecht auch tatsächlich ausgeübt werden kann, unabhängig davon, ob noch der Besteller oder ein Rechtsnachfolger Verkäufer des Grundstückes ist.
In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob ein Vorkaufsrecht dieses Inhalts seiner Art nach ein solches für nur einen einzigen Verkaufsfall oder aber ein solches für mehrere Verkaufsfälle ist. Der erkennende Senat des OLG Zweibrücken beschied, dass ein mit diesem Inhalt vereinbartes Vorkaufsrecht in der Zwangsversteigerung nach § 471 BGB jedenfalls keinen Bestand hat. Denn der Zweck der Regelung des § 471 BGB ist insbesondere der Schutz der am Zwangsvollstreckungsverfahren Beteiligten, in erster Linie der staatliche Gläubigerschutz. Der Gläubiger soll nicht auf den vom eintretenden Berechtigten zu zahlenden Erlös angewiesen sein. Der Vorkaufsberechtigte, der oft ein besonderes Interesse am Erwerb des Grundstücks hat, soll zudem nicht als möglicher Bieter in der Zwangsversteigerung ausfallen, um so die Interessen der an der Zwangsversteigerung Beteiligten auf Erzielung eines möglichst hohen Versteigerungserlöses zu wahren. In der Zwangsversteigerung liegt für den Berechtigten zugleich eine Erwerbsmöglichkeit, die seinem durch das Vorkaufsrecht gesicherten Interesse entspricht. Es liegt alleine an dem Berechtigten, das Grundstück durch Abgabe des höchsten Gebotes zu ersteigern. Ihm eine weitere Erwerbsmöglichkeit über das Zwangsversteigerungsverfahren hinaus offen zu halten, obwohl auch das Vorkaufsrecht ihm doch nur die einmalige Möglichkeit des Erwerbs eröffnen sollte, ist mit Blick auf den beschriebenen Schutzzweck des § 471 BGB nicht geboten. Hat der für einen das Vorkaufsrecht auslösenden Verkaufsfall berechtigte Vorkaufsberechtigte die Erwerbsmöglichkeit in der Zwangsversteigerung verstreichen lassen, gebührt den Interessen der am Zwangsversteigerungsverfahren Beteiligten nach Ansicht des Senats der Vorzug, sodass das Vorkaufsrecht mit dem Zuschlag erlischt.
OLG Zweibrücken vom 16.03.2011, Az. 3 W 28/11
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