Anforderungen an Verzicht auf Absonderungsrecht
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(ip/RVR) Verfügt ein Insolvenzgläubiger zur Sicherung seiner Forderung über eine Gesamtgrundschuld, für die auch massefremde Grundstücke haften und auch Forderungen gegen Dritte sichert, so genügt für einen Verzicht auf das Absonderungsrecht der Verzicht auf den schuldrechtlichen Sicherungsanspruch. Einer grundbuchmäßigen Form bedarf der Verzicht in diesem Falle nicht. Dies entschied der Bundesgerichtshof unter dem 02.12.2010.
Mit der Rechtsbeschwerde verfolgte eine Gläubigerin des Gemeinschuldners die Änderung des Schlussverzeichnisses. Sie hatte zuvor schriftlich gegenüber dem Insolvenzverwalter auf abgesonderte Befriedigung dergestalt verzichtet, dass sie ihre Grundpfandrechte aus der Sicherungszweckerklärung wegen ihrer angemeldeten Gesamtforderung entließ. Diese Grundschulden stellten Gesamtrechte nach den §§ 1132, 1192 Abs. 1 BGB dar und bezogen sich auf die haftenden Miteigentumsbruchteile, § 1114 BGB. Dabei dienten sie nicht nur der Sicherung von Ansprüchen gegen den Gemeinschuldner, sondern jeder Bruchteil haftete dinglich auch für Verbindlichkeiten der anderen Miteigentümerin. Gleichviel berücksichtigte der Insolvenzverwalter die Forderungsanmeldungen der Gläubigerin wegen ihrer Absonderungsrechte im Schlussverzeichnis nur für den Ausfall.
Nach erfolglosen Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis und erfolgloser sofortiger Beschwerde erreichte die Gläubigerin mittels Rechtsbeschwerde die Berichtigung des Verzeichnisses.
Der IX. Senat widersprach dem Beschwerdegericht in seiner Auffassung, der Verzicht auf abgesonderte Befriedigung aus den Grundschulden bedürfe auch im Bereich der §§ 52 Satz 2, 190 Abs. 1 InsO der grundbuchmäßigen Form, weil der Verzicht auf den schuldrechtlichen Sicherungsanspruch dafür nicht ausreiche, da er nur eine Einwendung des Verwalters gewähre, die Gläubigerin aber nicht hindere, in der bereits angeordneten Zwangsversteigerung des haftenden Grundstücks ihre Forderung in vollem Umfang anzumelden.
Unter den gegebenen Umständen wäre es mit den §§ 43, 52 InsO nicht zu vereinbaren, würde man den dinglichen Verzicht auf die Grundschulden von der Gläubigerin verlangen. „Aber auch eine dingliche Haftentlassung des vor der Freigabe durch den Insolvenzverwalter massebefangenen Bruchteils wird nach § 52 InsO nicht vorausgesetzt, soweit dieser dinglich für Verbindlichkeiten der anderen Miteigentümerin haftet, die [Gläubigerin] also nicht Insolvenzgläubigerin ist. Demnach konnte die Gläubigerin hier, ohne unnötig Rechte aufzugeben, nicht anders verfahren, als wie sie es im Schlusstermin klargestellt hat: Sie hat auf die Sicherung der noch angemeldeten Insolvenzforderung durch ihre Gesamtgrundschulden verzichtet“ (Rz. 8 der Entscheidung).
§ 52 InsO sei aber auch dann genügt, wenn das Recht nicht zugleich Forderungen sichert, die sich gegen einen Dritten richten. Wird die Grundschuld durch den schuldrechtlichen Verzicht zweckfrei stünden dem Schuldner und damit dem Verwalter verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: die Verlangung der Erteilung der Löschungsbewilligung, der Abtretung des Rechts oder des dinglichen Verzichts. Gegen den Titel gemäß § 800 ZPO stünde die Abwehrklage nach § 767 ZPO zur Verfügung, im Verteilungsverfahren bestünde ein Widerspruchsrecht nach § 115 Abs. 1 ZVG, § 876 ZPO. „Die Insolvenzmasse ist also auch bei dieser Verfahrensweise vor der doppelten Belastung durch Insolvenzanmeldung der Forderung und Verwertung des hierfür dinglich haftenden Absonderungsgutes geschützt, die § 52 Satz 2 InsO verhindern soll“ (Rz. 10 der Entscheidung).
Zudem sei es unrichtig den dinglichen Verzicht stets mit dem Verzicht nach §§ 52, 190 InsO gleichzusetzen. Nur wenn das zur abgesonderten Befriedigung berechtigende Grundpfandrecht selbst aufgegeben werden solle, um bei der Masseverteilung berücksichtigt zu werden, bedürfe dies der grundbuchrechtlichen Form des § 29 GBO.
BGH vom 02.12.2010, Az. IX ZB 61/09
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