Ablaufplan für Bieter bei der Zwangsversteigerung

Der Erwerb einer Immobilie im Rahmen einer Zwangsversteigerung ist angesichts der zunehmenden Anzahl von Versteigerungen eine finanziell interessante Alternative zum freihändigen Erwerb einer Immobilie. Dieser Ablaufplan stellt die wesentlichen Grundzüge einer Zwangsversteigerung dar, um dem Interessenten einen Überblick über den Ablauf eines Immobilien-Versteigerungstermins zu vermitteln.

1. Verkehrswert

Das Kernstück des Zwangsversteigerungsverfahrens ist der Versteigerungstermin. Um allen Beteiligten und Bietinteressenten eine sorgfältige Vorbereitung auf den Zwangsversteigerungstermin zu ermöglichen, wird dieser erst dann bestimmt, wenn der Verkehrswert der Immobilie durch den Rechtspfleger festgesetzt ist. Hierzu beauftragt das Gericht in der Regel einen unabhängigen Bauexperten mit der Erstellung eines Wertermittlungsgutachtens über das Grundstück einschließlich seiner Bebauung. Die Bietinteressenten können das Gutachten vor dem Versteigerungstermin einsehen.

2. Versteigerungstermin

Nach Aufruf der Sache werden den im Termin Anwesenden die Objektdaten wie Einheitswert, der die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer darstellt, eventuelle Baulasten, Auflagen oder Beschränkungen bekannt gegeben sowie die Versteigerungsbedingungen festgelegt. Es empfiehlt sich, diesen Mitteilungen besondere Aufmerk-samkeit zu schenken.
Nach diesen Bekanntmachungen werden vom Gericht das geringste Gebot sowie die Versteigerungsbedingungen festgestellt und verlesen. Das geringste Gebot stellt den Ausgangspunkt jeder Versteigerung dar und ist nicht identisch mit dem Verkehrswert. Es setzt sich zusammen aus dem Bargebot sowie den bestehen bleibenden Rechten.

3. Bietzeit

Nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten durch das Gericht beginnt die Bietzeit. Diese beträgt mindestens 30 Minuten, kann aber auch darüber hinaus andauern. Währenddessen besteht weiter die Möglichkeit für die Interessenten, Fragen zu stellen, mit Gläubigern zu sprechen und auch das gerichtliche Gutachten einzusehen. Erst wenn trotz Aufforderung des Gerichts keine Gebote mehr abgegeben werden, wird die Versteigerung geschlossen.

4. Hinweise zur Sicherheitsleistung

Sofort nach Abgabe eines Gebotes kann ein Beteiligter, dessen Recht durch die Nicht-Erfüllung des Gebotes beeinträchtigt werden würde, Sicherheitsleistung von dem Bieter verlangen. In der Regel beträgt die Höhe der Sicherheitsleistung 1/10-tel des in der Terminsbestimmung genannten Verkehrswertes. Erklärt das Gericht die Sicherheit für erforderlich, ist sie sofort zu leisten.

Eine Sicherheitsleistung durch Barzahlung ist ausgeschlossen.

Nur wenn die Sicherheit geleistet wird, ist das Gebot wirksam, unterbleibt die Leistung, wird das Gebot zurückgewiesen und erlischt.

Die Sicherheitsleistung kann durch einen Bundesbankscheck erbracht werden. Zur Bundesbank gehören die Landeszentralbanken als Hauptverwaltungsstellen, so dass auch Landeszentralbankschecks unter gleichen Voraussetzungen zulässig sind. Ebenfalls geeignet als Sicherheit sind Verrechnungsschecks. Diese müssen von einem im Geltungsbereich des ZVG zum Betreiben von Bankgeschäften berechtigten Kreditinstitut ausgestellt und im Inland zahlbar sein. Sowohl der Bundesbank- als auch der Verrechnungsscheck darf frühestens drei Tage vor der Versteigerung ausgestellt werden.

Des Weiteren sind unbefristete, unbedingte, selbstschuldnerische Bürgschaften von Kreditinstituten im vorstehenden Sinne als Sicherheit zuzulassen, wenn die Verpflichtung aus der Bürgschaft im Inland zu erfüllen ist.

Bisher bestand die Möglichkeit, die Sicherheitsleistung während der Zwangsversteigerung beim Gericht bar zu hinterlegen. Dies ist ab dem 01.02.2007 per Gesetz ausgeschlossen. Es bestand eine Übergangsregelung bis einschließlich 15.02.2007.

Wörtlich heißt es: "Eine Sicherheitsleistung durch Barzahlung ist ausgeschlossen." Die Sicherheitsleistung kann durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse bewirkt werden, wenn der Betrag der Gerichtskasse vor dem Versteigerungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt. Die Sicherheitsleistung durch Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse muss bereits vor dem Versteigerungstermin erfolgen.

Für die Praxis bedeutet das:

Die Sicherheitsleistung muss per Überweisung auf ein Konto der Gerichtskasse erbracht werden. Die Überweisung sollte frühzeitig erfolgen, damit der Gerichtskasse genügend Zeit bleibt, den entsprechenden Nachweis an das Versteigerungsgericht zu senden. Liegt dem Versteigerungsgericht dieser Nachweis nicht rechtzeitig vor, so hat dies die Zurückweisung des Gebots mangels Sicherheitsleistung zur Folge.

Dabei ist zu beachten, dass der Verwendungszweck exakt angegeben wird, damit die Buchung der Sicherheitsleistung ordnungsgemäß erfolgen kann. Ist der Betrag der Gerichtskasse vor dem Versteigerungstermin wegen fehlender oder falscher Angaben nicht gutgeschrieben und liegt dem Gericht der Nachweis der erbrachten Sicherheitsleistung beim Versteigerungstermin nicht vor, so hat dies ebenfalls die Zurückweisung des Gebots zur Folge. Ein Kontoauszug, die Bestätigung der Bank, der Überweisungsbeleg o. ä. als Nachweis der Überweisung reicht nicht aus.

Folgende Daten sollte die Überweisung beinhalten:

Empfänger:
Kto: < >
BLZ: < >
Bank: < >

Die Sicherheit kann ebenfalls durch einen bestätigten Bundesbankscheck, eine Bankbürgschaft oder den Verrechnungsscheck eines berechtigten Kreditinstituts erbracht werden. Bei allen genannten Möglichkeiten sind bestimmte Rahmenbedingungen zu beachten.

5. Identitätsprüfung des Bieters

Bei der Annahme von Geboten ist die Identität des Bieters zu prüfen, der Nachweis erfolgt durch gültigen Personalausweis oder Reisepass. Wollen mehrere Personen zusammen bieten, müssen alle anwesend sein oder es müssen öffentlich beglaubigte Bietvollmachten der Abwesenden vorgelegt werden. Für Handelsgesellschaften, juristische Personen und Vereine ist zum Nachweis der Vertretungsbefugnis die Vorlage eines öffentlich beglaubigten, aktuellen Registerauszuges notwendig.

Da das Gericht nur die formelle Beweiskraft von Urkunden zu prüfen hat ist die Vorlage von einfachen Kopien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht ausreichend (BGH, Beschl. V. 16.02.2012, V ZB 48/11). In diesem Fall darf ein Gebot nicht zugelassen werden.

Für Bietinteressenten mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist zu beachten, ob das Recht ihres Heimatlandes besondere Anforderungen an die Wirksamkeit ihrer Erklärungen stellt. Z. B können italienische Staatsbürger und solche des ehemaligen Jugoslawien, die in Errungenschaftsgemeinschaft verheiratet sind, nach dem Recht ihres Staates Gebote nur gemeinsam mit ihrem Ehegatten abgeben.
Probleme gibt es auch, wenn ein nach deutschem Recht Volljähriger nach dem Recht seines Heimatstaates noch minderjährig ist.

6. Zulassung des Gebotes

Wird auf Verlangen die Sicherheit geleistet, wird das Gebot zugelassen. Sind Mängel beim Identitätsnachweis, in der Vertretungsbefugnis oder bei der Sicherheit aufgetreten, wird das Gebot sofort im Termin zurück gewiesen.

7. Meistgebot und Zuschlag

Nach dem Ende der Bietzeit wird das Meistgebot verkündet. Darauf folgt die Verhandlung über den Zuschlag. Mit der Verkündung des Zuschlages im Versteigerungstermin oder in einem später stattfindenden Verkündungstermin ist dieser wirksam und der Ersteher erwirbt das Eigentum außerhalb des Grundbuches an dem Grundstück. Die später erfolgende Eintragung im Grundbuch ist nur noch berichtigender Natur.

Der Ersteher erwirbt zugleich das Eigentum an den Gegenständen (Bestandteile, Zubehör), auf die sich die Versteigerung erstreckt. Es erlöschen alle beschränkten dinglichen Rechte an dem versteigerten Grundstück, die nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben sollen. Ihre Löschung im Grundbuch ist ebenfalls nur berichtigender Natur.

Mit der Wirksamkeit des Zuschlags gehen auf den Ersteher auch die Nutzungen und Lasten über. Der Ersteher tritt mit dem Zuschlag in die bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse ein.

8. Verfahren nach Zuschlagserteilung

Nach der Erteilung des Zuschlages bestimmt das Gericht einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses. Im Nachgang erfolgt dann auch die Umtragung des Eigentums im Grundbuch sowie die Löschung von nicht übernommenen beschränkten dinglichen Rechten. Das Bargebot ist von dem Erwerber spätestens im Verteilungstermin zu bezahlen, es ist vom Zeitpunkt des Zuschlages an mit 4 % zu verzinsen. Die Verzinsungspflicht entfällt ab dem Zeitpunkt der Hinterlegung des Bargebots durch den Ersteher unter Verzicht auf Rücknahme. Entrichtet werden kann das Bargebot samt Bargebotszinsen ausschließlich durch Überweisung, so dass der Betrag der Gerichtskasse vor dem Verteilungstermin gutgeschrieben ist und ein Nachweis hierüber im Termin vorliegt.

Wer bis zum Verteilungstermin nicht gezahlt hat, muss damit rechnen, dass gegen ihn die Forderungen der Gläubiger übertragen werden, die etwas aus dem Steigerlös zu erwarten hätten. D. h., es werden Sicherungshypotheken mit gesetzlichem Verzugszinssatz eingetragen, und der Ersteher hat mit neuerlicher Zwangsversteigerung, diesmal gegen sich, zu rechnen, aber auch mit der Vollstreckung in sein persönliches Vermögen.

9. Kosten

Mit dem Zuschlag kommen auf den Ersteher weitere Kosten zu, die in der finanziellen Planung ebenfalls berücksichtigt werden müssen:

Die Abgabe des Meistgebots ist in Höhe von 3,5 % bis 5% (variiert je nach Bundesland) grunderwerbststeuerpflichtig. Bei der Abtretung des Meistgebots oder im Fall der verdeckten Stellvertretung wird die Grunderwerbssteuer sogar zweimal fällig.

Das Bargebot ist vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Zuschlags an mit 4 % zu verzinsen. Die Verzinsungspflicht entfällt für den Teilbetrag, der als Sicherheitsleistung bar gezahlt wurde sowie ab dem Zeitpunkt der Hinterlegung des Bargebots unter Verzicht auf Rücknahme.

Die Kosten des Zuschlages sind ebenfalls von dem Ersteher zu bezahlen. Es entsteht für die Erteilung des Zuschlages eine halbe Gerichtsgebühr, die sich nach dem Wert des Meistgebots berechnet.

Des Weiteren entstehen die üblichen Eintragungskosten beim Grundbuchamt durch die Umschreibung des Eigentums sowie ggf. für die Finanzierung einzutragende Grundpfandrechte.

10. Hinweise zur Räumung und Herausgabe

Aus dem Zuschlagbeschluss kann der Erwerber die Räumung eines Grundstückes oder die Herausgabe einer mit versteigerten Sache herbeiführen. Dieses ist in erster Linie von Bedeutung, wenn der frühere Eigentümer die ersteigerte Immobilie selbst bewohnt und sich weigert zu räumen. In diesem Fall muss der Ersteher nicht erst in einem zeitaufwendigen Zivilprozess einen Räumungstitel erwirken, er kann direkt aus dem Zuschlagbeschluss die Räumungsvollstreckung sowie die Zwangsvollstreckung zur Herausgabe von mit ersteigerten beweglichen Sachen betreiben. Mit der Wirksamkeit des Zuschlagbeschlusses kann die Gerichtsvollzieherbeauftragung erfolgen.

Gegenüber dem Mieter / Pächter steht dem Ersteher aus dem Zuschlagbeschluss allerdings im Regelfall kein Räumungsanspruch zu. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Miet- / Pachtvertrag unwirksam ist und dieses offensichtlich erkennbar ist. Allerdings gelten hier enge Grenzen. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf aus dem Jahre 1996 (R Pfleger, 1996. 299 ff) liegt eine Sittenwidrigkeit und damit eine offensichtliche Unwirksamkeit eines Mietvertrages nicht bereits dann vor, wenn der Mietvertrag allein zu dem Zweck geschlossen worden ist, die Vollstreckungs-möglichkeit aus dem Zuschlagbeschluss auszuschließen.

Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass der Erwerber einer Immobilie die durch eine Zwangsversteigerung erworben wurde, automatisch in die bestehenden Miet- / Pachtverträge eintritt.

Da der Ersteher in die Miet- / Pachtverträge eintritt, hat er damit auch alle Rechte zur vertragsmäßigen Kündigung. Vertragliche und gesetzliche Kündigungsfristen sind einzuhalten. Darüber hinaus hat der Ersteher ein außerordentliches Kündigungsrecht: er darf alle Miet- / Pachtverträge einmal unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist für den ersten zulässigen Termin kündigen. Allerdings sind bei Wohnräumen die gesetzlichen Mieterschutzrechte zu beachten. Der Erwerber kann einen übernommenen Mietvertrag mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum ersten zulässigen Termin kündigen, unabhängig von der Wohndauer. Die Kündigung hat damit spätestens am dritten Werktage eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zu erfolgen. Allerdings ist zwingend erforderlich, dass der Erwerber ein berechtigtes Interesse (Eigenbedarf) an der Wohnraumkündigung geltend macht. Dieses berechtigte Interesse, z. B. Eigenbedarf, ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Eigenbedarf ist dann gegeben, wenn der Ersteher die vermieteten Räume für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt.

Der Ersteher einer vermieteten Immobilie muss dieses Problem im Auge behalten, da der kurzfristige Bezug der ersteigerten Immobilie oftmals mit Schwierigkeiten verbunden ist. Auch nach Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechtes nach dem Erwerb in der Zwangsversteigerung kann es zu weiteren Problemen kommen, insbesondere zur Durchführung einer gerichtlichen Räumungsklage und anschließenden Räumungsvollstreckung, was nicht nur mit einem zeitlichen sondern im Regelfall auch mit einem finanziellen Aufwand verbunden ist.