(ip/RVR) Das Landgericht Berlin befasste sich in einem seiner Beschlüsse aus dem Jahre 2010 mit der Problematik der Titelumschreibung eines Räumungsurteils und mit der Frage, ob der Ersteher eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren als Rechtsnachfolger des früheren Zwangsverwalters angesehen werden kann.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg zum Zwangsverwalter über das Wohnungseigentum bestehend aus mehreren Sondereigentumseinheiten bestellt. Auf die von ihm erhobene Klage wurde der Beklagte und Schuldner mit Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. Juli 2006 zur Räumung der Wohnung im Dachgeschoss des vorgenannten Hauses verurteilt. Die vom Schuldner eingelegte Berufung wurde zurückgewiesen.

Drei Jahre später wurde der Antragsteller mit Zuschlagbeschluss des Amtsgerichts Charlottenburg Eigentümer der vom Schuldner weiterhin bewohnten Wohnung; die Zwangsverwaltung wurde im Mai 2009 aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2009 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. Juli 2006 an ihn als Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters.

Die Rechtspflegerin wies den Antrag mit Beschluss vom 19. November 2009 zurück.

Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde beantragt der Antragsteller, den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19. November 2009 abzuändern und das Amtsgericht anzuweisen, die Klausel zu erteilen.

Die Rechtspflegerin half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Beschwerdegericht vor.

Das Landgericht Berlin entschied, dass die sofortige Beschwerde nach §§ 567ff. ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig, aber unbegründet ist. Zur Begründung führte es unter anderem aus, dass das Amtsgericht zutreffend einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. Juli 2006 verneinte, denn die Voraussetzungen des § 727 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. „Der Antragsteller ist nicht Rechtsnachfolger des im Urteil bezeichneten Gläubigers, denn der Ersteher eines Grundstücks, das – wie hier – nach vorangegangener Zwangsverwaltung versteigert worden ist, ist nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters (vgl. BGH Urteil vom 27.01.1954 – VI ZR 257/52 in LM Nr. 2 Bl. § 265 ZPO; Urteil vom 07.04.1978 – V ZR 15475 in NJW 1978, 1529).“ Der Ersteher steht materiell, so das LG Berlin, in keiner Rechtsbeziehung zum Zwangsverwalter, der während der Zwangsverwaltung fremdes Vermögen im Interesse aller Beteiligten verwaltet. Es ist jedoch zu beachten, dass gerade die Rechtsnachfolge Voraussetzung der Titelumschreibung nach § 727 Abs. 1 ZPO ist.

Darüber hinaus wird der Antragsteller auch nicht rechtlos gestellt, denn der Gesetzgeber sieht zu seinen Gunsten das vereinfachte Klauselerteilungsverfahren nach § 93 Abs. 1 Satz 1 ZVG vor.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19. November 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Leitsatz fasst zusammen:

 

  1. Der Ersteher eines Grundstücks, das nach vorangegangener Zwangsverwaltung versteigert worden ist, ist nicht Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters.
  2. Hat der Zwangsverwalter ein Räumungsurteil gegen einen Mieter erstritten, so kann dieser Titel nicht auf den Ersteher des Grundstücks umgeschrieben werden.
  3. Der Ersteher ist auf das vereinfachte Klauselerteilungsverfahren nach § 93 Abs. 1 Satz 1 ZVG zu verweisen.

LG Berlin vom 15.06.2010, Az.: 65 T 183/09


© Copyright immobilienpool.de Media / RVR Rechtsanwälte Stuttgart