(IP) Hinsichtlich der Schutzpflicht staatlicher Organe auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bei anstehender Zwangsversteigerung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden. „Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, das in der Hauptsache zu verfolgende Begehren, hier also die Verfassungsbeschwerde, erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet“.

„Die Vollstreckungsgerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden und dadurch der sich aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird“.

Mit eindeutigem ärztlichen Attest bzgl. ihrer aktuellen Gesundheitsgefährdung hatte eine der Zwangsversteigerung unterworfene Betroffene eine diesbezügliche einstweilige Verfügung mit aufschiebender Wirkung beantragt. Die Richter des BVerfG gaben ihr Recht und setzten das Zwangsversteigerungsverfahren einstweilen bis zu einer Entscheidung über die noch einzulegende Verfassungsbeschwerde aus, längstens für die Dauer von drei Monaten: „Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die noch einzulegende Verfassungsbeschwerde später aber als begründet, wäre nicht auszuschließen, dass aufgrund der Durchführung des Versteigerungstermins möglicherweise nicht rückgängig zu machende Folgen für Leib und Leben der Antragstellerin eintreten. Ergeht die einstweilige Anordnung, wird die noch einzulegende Verfassungsbeschwerde aber später zurückgewiesen, verzögert sich der Versteigerungstermin voraussichtlich nur um einige Wochen. Dies wiegt insgesamt weniger schwer als die der Antragstellerin drohenden Nachteile, zumal ein etwaiger Zuschlagstermin ohnehin erst nach Abklärung der gesundheitlichen Situation der Antragstellerin erfolgen soll.“

BVerfG, Az.: 2 BvQ 23/17

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